Maekele Tesfamaraim aus Eritrea

Interview-Reihe DIE HOLMBROOKER


Interview mit Maekele Tesfamaraim (22).

Maekele ist einer von sechs jungen Männern aus Eritrea, die in der Folgeunterkunft am Holmbrook wohnen. Gemeinsam besuchten sie auch den Kinofilm „Gestrandet“, der über die Anfangsschwierigkeiten einer Gruppe ihrer Landsleute in Ostfriesland berichtet.
Wir treffen Maekele zum Interview in seinem Zimmer, das er mit einem jungen Mann aus seinem Heimatland teilt. Die Wände sind mit Postern und Girlanden in den Farben der Deutschlandflagge geschmückt, gekauft in einem Laden in Altona.

Woher kommen Sie?

Ich komme aus Denbhabteion, einem kleinen Dorf im Westen des Landes, in der Nähe von Elaberid und Keren. Das Dorf hat um die 200 Einwohner. Ich habe drei Schwestern und einen Bruder. In Eritrea habe ich nur fünf Jahre die Grundschule und zwei Jahre die Highschool besucht.

Wie lange sind Sie schon hier?

Seit einem halben Jahr. Ich bin am 27. Februar 2015 in Hamburg angekommen und war acht Monate in der Erstaufnahme in der Schnackenburgallee. Hier an den Holmbrook bin ich Mitte Oktober gezogen, zusammen mit fünf jungen Männern, die auch alle aus Eritrea stammen. Die Wohnung ist sehr gut, aber wir sprechen untereinander natürlich viel Tigrinya, unsere Muttersprache und kein Deutsch. Das finde ich schade.

Was waren die Gründe, warum Sie geflohen sind?

In Eritrea herrscht ein diktatorisches Regime. Es gibt keine Meinungsfreiheit, Menschen werden willkürlich verhaftet und die Armut ist sehr groß. Im November 2009 bin ich untergetaucht in Eritrea. Ich habe mich nachts vor dem Militär in den Bergen versteckt und in einer anderen Stadt. Deshalb habe ich auch nur bis zur 7. Klasse die Schule besucht. Normalerweise geht man auch in Eritrea bis zur 12. Klasse zur Schule. Ich habe mich dann entschieden, mein Heimatland zu verlassen.

Fluchtwege in Afrika. Quelle: Tagesschau.de

Wie sind Sie geflohen?

Von Eritrea aus bin ich zuerst in den Sudan geflüchtet und habe dort in einer Wasserabfüllanlage gearbeitet. Im Sudan herrscht auch Gewalt und die Armut ist sehr groß, deshalb habe ich mich im Dezember 2014 auf den Weg nach Deutschland gemacht, obwohl meine Familie aus Angst um mein Leben gegen die Flucht war. Die anderen Flüchtlinge und ich wir mussten zuerst nach Libyen, was bedeutete, wir mussten durch die Sahara. Zu Fuß und mit dem Auto habe ich zusammen mit einer Gruppe von Eritreern die Wüste durchquert. Das war schrecklich, zweimal hatten wir kein Wasser oder mussten ein Gemisch aus Benzin und Wasser trinken. Nach neun Tagen kamen wir endlich in Ejilaba in Libyen an. Hier haben wir uns ausgeruht und die weitere Flucht nach Tripolis organisiert. Die Schlepper versteckten uns vor der Polizei in einer großen Metallkiste. Pro Kiste zusammengekauert zu sechst hintereinander, die Großen vorne, die Kleinen hinten. Die Fahrt auf einem Transporter dauerte neun Stunden. Ich hatte große Angst. In Tripolis musste ich dann drei Wochen warten bis es weiter ging nach Italien. Die Bedingungen dort waren furchtbar, da es weder sanitäre Anlagen noch genug zu essen gab. Meine Familie und Bekannte haben das ganze Geld für meine Flucht bezahlt, insgesamt 4.500 US-Dollar. Die Schlepper haben mich dann zusammen mit 300 anderen Flüchtlingen in einem Holzboot über das Mittelmeer bis zur italienischen Grenze gebracht. Hier wurden wir von der Grenzpolizei in einem sicheren Boot gerettet. Gott sei Dank bin ich gut angekommen in Europa, ich habe großes Glück gehabt. An meine Flucht denke ich noch sehr viel, auch im Schlaf. Vor allem der Weg durch die Sahara war sehr gefährlich. Mit dem Bus und der Bahn bin ich dann von Sizilien aus über Rom, Mailand und München bis nach Hamburg gefahren. Ein Freund hatte mir gesagt, dass ich nach Hamburg kommen sollte, weil hier die Leute freundlich seien und man schnell seine Papiere bekommt.

Wie geht es Ihnen jetzt hier in Deutschland?

Ich bin gut in Deutschland angekommen und fühle mich wohl am Holmbrook. Ich mag besonders das Willkommens-Café, weil ich hier viele nette Menschen treffe und zweimal pro Woche zusätzlich zum Deutschkurs noch Extra-Unterricht von Anke und Monika bekomme, beides ehrenamtliche Helferinnen von den HOLMBROOKERN. Ich bin sehr fleißig, weil ich unbedingt schnell Deutsch lernen will. Der Unterricht in der Schule reicht hier nicht aus, finde ich. Deshalb gehe ich ins Willkommenscafé und ins Café Motte in Ottensen, weil ich dort mit Deutschen die Sprache noch besser sprechen lerne. Ich gehe auch jeden Sonntag in die Kirche, da ich Mitglied in der christlich-orthodoxen Kirchengemeinde bin. Der Gottesdienst findet jeden zweiten Sonntag in der Kreuzkirche in Ottensen statt. Sonst gehe ich am Wochenende an die Elbe, in den Stadtpark oder Volkspark. Besonders gerne mag ich den Botanischen Garten.

Wie geht es jetzt weiter bei Ihnen?

Das Wichtigste für mich sind im Moment eine Arbeit, die Sprache und Kontakte zu Deutschen. Ich möchte sehr gerne eine Ausbildung als Mechaniker machen, wenn ich gut Deutsch kann. Ich habe zwei Wochen ein Praktikum in einer Getreidemühle in Wilhelmsburg gemacht. Das war sehr interessant und ich weiß jetzt, dass ich gerne eine Ausbildung als Elektriker oder als Installateur machen möchte. Jetzt muss ich aber zuerst meine Deutschprüfung bestehen. Ich muss so gut Deutsch lernen, dass ich zuerst einen Schulabschluss machen kann und dann eine Ausbildung. Das ist mein Traum.